Kunstwissenschaftler Wolf Karge...
(Auszug aus dem Vorwort · Wolf Karge, Hedwig Woermann 1879-1960, Katalog; herausgegeben vom Landkreis Nordvorpommern; Ribnitz-Damgarten)
"Ohne Frage war Hedwig Woermann eine der interessantesten Persönlichkeiten der deutschen Kunstszene in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Durch ihr Elternhaus ausgestattet mit neuhanseatischem Selbstbewusstsein und ebensolcher Weltsicht ging sie ihren künstlerischen Weg ohne Selbstzweifel.
Ihr Vater, der Hamburger Reeder Adolph Woermann, konnte ihr eine solide Ausbildung im Rahmen der gesellschaftlichen Grenzen für Frauen sichern. Worpswede und Paris waren darin Stationen. Reisen in andere Länder gehörten zum Lebensstil der Familie. .. Die Nutzung der alten Technik japanischer Seidenmalerei machte sie in Europa und Südamerika spektakulär bekannt – sie wurde berühmt.
Ihre Kunst, noch am ehesten der neuen Sachlichkeit zuzuordnen, wurde immer dekorativer. Der internationale Erfolg, der etwa zehn Jahre währte, gab ihr Recht auf diesem Weg. Die politische Isolation Deutschlands nach
ihrer Rückkehr aus Argentinien und Brasilien 1936, der Zweite Weltkrieg und der Vormarsch der Roten Armee auf ihre Wahlheimat wurden die zweite furchtbare Erfahrung ihres Lebens. Das Ehepaar Woermann-Jaenichen
hatte dadurch den Lebensmut verloren und wählte den Freitod. Hedwig Woermann konnte gerettet werden und lebte noch 15 Jahre in Wustrow. Die Kunstgeschichte verschwieg sie viele Jahre nach ihrem Tod 1960, wie auch die meisten anderen Künstlerinnen und Künstler der Ahrenshooper Kolonie. Erst mit der langsamen Wiederentdeckung der Künstlerkolonie mit ihrem Umfeld auf dem Fischland und Darß begann auch die Erinnerung an Hedwig Woermann. ...“